Sonntag, 28. Februar 2010

Großes Carsharing-Wachstum prognostiziert - mal wieder

Frost & Sullivan, eine auf stark wachsende Märkte spezialisierte Unternehmensberatung, hat eine Studie zum Wachstum des Carsharing veröffentlicht. Für 10.000 US$ ist die ausführliche Studie zu kaufen. Doch schon die Pressemitteilung fand regen Anklang in den Medien. Ausgangspunkt war die Pressemitteilung von Frost & Sullivan in den USA Ende Januar. Diese wurde in dem US-Carsharing-Blog wenige Tage später aufgegriffen und führte zu Diskussionen in den USA.

Doch in Deutschland kam die Nachricht erst mit der deutschen Pressemitteilung von Frost & Sullivan Mitte Februar an. Die Pressemeldung fand sich nun in den Onlinemedien wie Focus, Heise Autos, Yahoo, Autoflotte-Online, und Pressetext.ch und anderen wieder.

Die zentralen Ergebnisse: Die Studie prognostiziert, dass 2016 weltweit knapp 10 Millionen Menschen 150.000 Carsharing-Fahrzeuge nutzen, in Europa sollen es 5,5 Millionen und 77.000 Autos sein, davon alleine 1,1 Millionen Menschen und 19.000 Autos in Deutschland. Deutschland soll in einem Punkt herausragend: Die Einführung von Elektrofahrzeugen ins Carsharing soll besonders beispielhaft sein, da die Berater davon ausgehen, dass es schon 2015 80.000 Ladestationen in Deutschland geben wird. Dies soll dazu führen, dass 2016 20% der Carsharing-Fahrzeuge Elektrofahrzeuge sind.

Die äußerst positiven Prognosen setzen die meisten Medien in direkten Zusammenhang mit den Aktivitäten der großen Automobilkonzerne (car2go von Daimler, Mu von Peugeot). Dies wirkt vor dem Hintergrund von Sixticarclub, Flinkster/DB Carsharing, connect by hertz und car2go nicht richtig neu, und doch ist es eine neue Qualität. Carsharing ist nicht nur im Bewusstsein der Konzerne angekommen, sondern beflügelt sogar deren Phantasie.

Die großen Zahlen, die die Studie nennt, sind für das deutsche Carsharing nicht neu. Schon die berühmte Baum/Pesch-Studie ging 1994 von einem Potential von 2,45 Millionen Menschen aus. Der ZDK ging 2001 im Rahmen seines Kilometerleasing-Konzeptes sogar von 7 Millionen als Kunden-Potential aus, die Wissenschaftler Loose und Nobis 2004 von 1,5-2 Millionen, und das Wupptertal-Institut prognostizierte 2008 für 2020 von 5 Millionen potentielle Teilnehmer.

Kurzum: Große Zahlen (wie 1,1 Millionen Teilnehmer der Frost & Sullivan-Studie) kennt das deutsche Carsharing seit Anbeginn. Die neue Qualität ist dass nicht von Potential, sondern von Prognose gesprochen wird.

Ich denke, man macht das Carsharing nicht schlecht, wenn man Verdoppelung des Marktes alle 2 Jahre für zu optimistisch hält. Ich halte es auch nicht für vermessen einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen dieser sehr positiven Studie und dem für dieses Jahr geplanten Börsengang Zipcars zu sehen.

Bei so vielen Zahlen will ich mich mal aus der Deckung wagen und eine eigene Abschätzung abgeben. Ich vermute, dass sich die "alten" europäischen Carsharing-Märkte weiterhin alle 5 Jahre verdoppeln und sich das Wachstum auf den relativ jungen, größeren Märkte (USA, GB, F) von aktuell einer Verdoppelung alle 2 Jahre auf eine Verdoppelung alle 4 Jahre "beruhigt". Im Ergebnis dürfte das Carsharing dann bei ca. 60.000 Autos weltweit, in Deutschland bei 11.000 Fahrzeugen liegen.

Ob 2016 das Geschäft maßgeblich von den Konzernen wie DB/Daimler/Peugeot/Sixt/Hertz dominiert wird, wird sich zeigen. Wenn nicht, wäre auch dies nicht neu im deutschen Carsharing. Schon Avis, Volkswagen, Ericsson und Shell haben Ihre Carsharing-Ansätze wieder einschlafen lassen.