Dienstag, 10. Mai 2011

11 Thesen zu car2go


  1. One-way und Minutentakt machen car2go zur äußerst flexiblen Ultrakurzzeitmiete, als Steigerung des Kurzzeitmiet-Angebotes “Carsharing”.
    car2go kombiniert die häufig diskutierten Erweiterungen One-way, Open end, Instant access und stationslos mit Buchung im Minutentakt. Wirklich systemverändernd ist vor allem One-way kombiniert mit der Buchung im Minutentakt. Instant access und Open end machen es als Ultrakurzzeitangebot zwar einfacher, verändern aber den Charakater des Angebotes nur zum Teil und wären mit Smartphones usw. auch anders lösbar. Und ob die Kunden ein stationsloses Angebot einem dichtem Stationsnetz mit reservierten Stellplätzen vorziehen, kann man vor allem in Gebieten mit Parkplatzproblemen bezweifeln.
    Doch in der Summe führt die Kombination der Eigenschaften zu einem äußerst flexiblen Angebot, das gerade für sehr kurze Fahrten äußerst attraktiv ist.
  2. Die car2go-Ulrtrakurzmieten dauern meist weniger als 30 Minuten Fahrtzeit bzw. die Kunden fahren weniger als 10 km. Dieses Fahrprofil zielt auf weit über 50% der Fahrten privater Pkws. Die car2go-Ultrakurzzeitmieten zielen damit auf ein Vielfaches der Fahrten, auf die das “klassische” Carsharing-Angebot zielt. car2go-Ultrakurzzeitmieten sind - wie car2go in Ulm zeigt - ein Markt, der bei aktuellen Rahmenbedingungen mehrere 100% größer als der “klassische” Carsharing-Markt sein kann.
  3. car2go-Ultrakurzzeitmieten sind zumeist Pseudo-One-Way.
    car2go gibt an, dass über 90% der Fahrten, One-way-Fahrten sind. Dies gilt in dem Sinne, dass Ort des Fahrtbeginns und des Fahrtendes unterschiedlich sind. Doch es gibt vielerlei Hinweise und Erfahrungen, dass die Summe der Fahrten der einzelnen Personen wieder zum Ausgangsort zurückführen und lediglich das Auto am Zielort freigegeben wurde, um dann später mit einem anderen car2go zurückzufahren. Es ist aber durchaus plausibel, dass die One-way-Option intermodale Ketten (z.B. hin mit dem car2go um etwas zu transportieren, mit dem ÖPNV zurück) überhaupt erst ermöglichen und entsprechend durchaus in einem kleineren Teil der Fälle vorkommen.
  4. Die car2go-Ultrakurzzeitmiete begrenzt die Nutzung mittels der Tarife künstlich auf innerstädtische Fahrten.
    Car2go betont oft, dass es - im Gegensatz zum “klassischen” Carsharing - ein innerstädtisches Angebot ist. Dies ist aber nicht zwingend Ergebnis des “One-way”-Ultrakurzzeit-Angebotes, sondern Auswirkung des hohen Zeitpreises. Bei bis zu 15 € pro Stunde wird ein Halt außerhalb des Geschäftsgebietes völlig unattraktiv teuer. Hier zeigen klassiche Carsharing-Tarife mit Stundenpreisen meist deutlich unter 5 EUR kombiniert mit km-Preisen, die sich an den variablen Kosten orientieren, dass Tarife einen Halt außerhalb der Stadt ökologisch wie ökonomisch möglich machen.
  5. Car2go-Ultrakurzzeitmieten sind mit über 50 Cent pro Kilometer teurer als der private Pkw und der ÖPNV.
    Bei innerstädtischen Durchschnittsgeschwindigkeiten von 20-30 km/h innerhalb der Städte kostet der km einer car2go-Ultrakurzzeitmiete quasi immer deutlich über 50 Cent, häufig 60-70 Cent. Die Ultrakurzmiete ist damit meist deutlich teurer als der private Pkw. Für ÖPNV-Einzelkarteninhaber ist eine car2go-Ultrakurzzeitmiete auch meist teurer, wenn auch nicht so deutlich der private Pkw.
  6. Die gerade für car2go-Ultrakurzzeitmieten typischen, innerstädtische Fahrten von einigen Kilometern sind verkehrspolitisch genau die Fahrten die auf den Umweltverbund verlagert werden sollen.
    Wenn Fahrten auf den Umweltverbund verlagert werden sollen, dann insbesondere die Fahrten bis 5 bzw. 10 km. Das verkehrspolitisch sensible ist, dass die car2go-Ultrakurzzeitmieten genau auf diese häufig durch den Umweltverbund ersetzbaren Wege zielen, ganz im Gegensatz des klassischen Carsharing, das vor allem auf Fahrten abzielt, die durch den Umweltverbund schwer abzubilden sind.
  7. Mit den kostenlosen Parkspots in den Innenstädten subventioniert die car2go-Ultrakurzzeitmiete ausgerechnet die auf Zentrum gerichteten Fahrten.
    car2go wird durch das kostenlose Parken in der City auf diesen Hauptrouten des ÖPNV für potentielle Autofahrer durch die eingesparten Parkgebühren zur äußerst attraktiven Alternative, denn bei Fahrten in die City mit dem privaten Pkw übersteigen die Parkgebühren die Kosten für car2go-Fahrten häufig spürbar. Somit werden ausgerechnet Fahrten in die City subventioniert und häufiger günstiger als der private Pkw.
  8. Dass car2go-Ultrakurzzeitmieten vor allem im Vergleich zu ÖPNV-Fahrten auf Basis der relativ teuren Einzelfahrscheine attraktiv sind, ist vor allem Ausdruck der wesentlichen Schwächen des ÖPNV-Einzelfahrscheins gegenüber dem MIV.
    Bei einem ÖPNV-Einzelfahrschein liegt der effektive km-Preis vor allem bei Fahrten unter 5 km meist bei 50-60 Cent und damit im Bereich des Preises einer car2go-Fahrt. Wenn man sich aber in der Summe verdeutlicht, dass die car2go-Fahrt meist mit 3-7€ deutlich teurer als der Einzelfahrschhein ist, wird deutlich, dass die Attraktivität der car2go-Fahrt nicht an dem neuen Ultrakurzzeitmiet-Angebot selbst liegt, sondern an der deutlich höheren Attraktivität des MIV, der bei vielen Wegekonstellationen, vor allem in der Freizeit, auch innerhalb der Stadt, viel schneller und flexibler ist und deshalb von den Kunden spürbare Preisaufschläge akzeptiert werden. Ein privater Pkw dürfte selbst bei Vollkosten quasi immer unter den km-Kosten eines ÖPNV-Einzelfahrscheins bleiben. Die Attraktivität von car2go ist also keine Stärke dieses neues Angebotes, sondern des MIV grundsätzlich und dies leider auch bei kurzen Wegen innerhalb der Stadt.
  9. Auch bei car2go-Utrakurzzeitmieten gilt der implizite Lerneffekt durch die Vollkosten. Das “Nutzen statt Besitzen” könnte - wenn auch vermutlich schwächer als im “klassischen” Carsharing - gerade für diese kurzen Fahrten die Kunden zu Fahrradfahrern machen.
  10. Bei tangentialen Fahrten, vor allem in den Nebenzeiten, können car2go-Ultrakurzzeitmieten u.U. verkehrspolitisch wünschenwert Lücken des ÖPNV schliessen und so den Umweltverbund stärken, wenn dadurch der Auto-Besitz verringert wird.
  11. car2go-Ultrakurzzeitmieten sind alleine kein Ersatz für den privaten Pkw, doch zusammen mit dem dem klassischen Carsharing und dem Umweltverbund können sie die Alternative zum eigenen Auto stärken.

Fazit:
Dem Car2go-Ultrakurzzeitmiet-Angebot ist anzumerken, dass dies Angebot ein Automobilkonzern entwickelt hat, um für sich neue Märkte des innerstädtischen Verkehres zu erschliessen. Trotzdem gelten die öko-effizienten Mechanismen des “Nutzen statt Besitzen”. Um wirklich verkehrspolitisch positive Wirkung zu besitzen, erscheinen vor allem drei Veränderungen des Angebotes verkehrspolitisch wünschenwert:
a) Keine Parkspots in der City und Verzicht auf Zielorte, die der ÖPNV gut bündelt.
b) Tarife die Aufenthalte - wie die klassischen Carsharing-Tarife - außerhalb der Stadt finanziell darstellbar machen, um wirklich ein Ersatz zum eigenen Auto zu sein.
c) Ultrakurzzeitmiet-Angbote sollten mit “klassischem” Carsharing mit breiter Fahrzeugflotte und langfristiger Buchbarkeit kombiniert werden, um ein vollwertiger Ersatz für den privaten Pkw sein zu können.


Sonntag, 28. Februar 2010

Großes Carsharing-Wachstum prognostiziert - mal wieder

Frost & Sullivan, eine auf stark wachsende Märkte spezialisierte Unternehmensberatung, hat eine Studie zum Wachstum des Carsharing veröffentlicht. Für 10.000 US$ ist die ausführliche Studie zu kaufen. Doch schon die Pressemitteilung fand regen Anklang in den Medien. Ausgangspunkt war die Pressemitteilung von Frost & Sullivan in den USA Ende Januar. Diese wurde in dem US-Carsharing-Blog wenige Tage später aufgegriffen und führte zu Diskussionen in den USA.

Doch in Deutschland kam die Nachricht erst mit der deutschen Pressemitteilung von Frost & Sullivan Mitte Februar an. Die Pressemeldung fand sich nun in den Onlinemedien wie Focus, Heise Autos, Yahoo, Autoflotte-Online, und Pressetext.ch und anderen wieder.

Die zentralen Ergebnisse: Die Studie prognostiziert, dass 2016 weltweit knapp 10 Millionen Menschen 150.000 Carsharing-Fahrzeuge nutzen, in Europa sollen es 5,5 Millionen und 77.000 Autos sein, davon alleine 1,1 Millionen Menschen und 19.000 Autos in Deutschland. Deutschland soll in einem Punkt herausragend: Die Einführung von Elektrofahrzeugen ins Carsharing soll besonders beispielhaft sein, da die Berater davon ausgehen, dass es schon 2015 80.000 Ladestationen in Deutschland geben wird. Dies soll dazu führen, dass 2016 20% der Carsharing-Fahrzeuge Elektrofahrzeuge sind.

Die äußerst positiven Prognosen setzen die meisten Medien in direkten Zusammenhang mit den Aktivitäten der großen Automobilkonzerne (car2go von Daimler, Mu von Peugeot). Dies wirkt vor dem Hintergrund von Sixticarclub, Flinkster/DB Carsharing, connect by hertz und car2go nicht richtig neu, und doch ist es eine neue Qualität. Carsharing ist nicht nur im Bewusstsein der Konzerne angekommen, sondern beflügelt sogar deren Phantasie.

Die großen Zahlen, die die Studie nennt, sind für das deutsche Carsharing nicht neu. Schon die berühmte Baum/Pesch-Studie ging 1994 von einem Potential von 2,45 Millionen Menschen aus. Der ZDK ging 2001 im Rahmen seines Kilometerleasing-Konzeptes sogar von 7 Millionen als Kunden-Potential aus, die Wissenschaftler Loose und Nobis 2004 von 1,5-2 Millionen, und das Wupptertal-Institut prognostizierte 2008 für 2020 von 5 Millionen potentielle Teilnehmer.

Kurzum: Große Zahlen (wie 1,1 Millionen Teilnehmer der Frost & Sullivan-Studie) kennt das deutsche Carsharing seit Anbeginn. Die neue Qualität ist dass nicht von Potential, sondern von Prognose gesprochen wird.

Ich denke, man macht das Carsharing nicht schlecht, wenn man Verdoppelung des Marktes alle 2 Jahre für zu optimistisch hält. Ich halte es auch nicht für vermessen einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen dieser sehr positiven Studie und dem für dieses Jahr geplanten Börsengang Zipcars zu sehen.

Bei so vielen Zahlen will ich mich mal aus der Deckung wagen und eine eigene Abschätzung abgeben. Ich vermute, dass sich die "alten" europäischen Carsharing-Märkte weiterhin alle 5 Jahre verdoppeln und sich das Wachstum auf den relativ jungen, größeren Märkte (USA, GB, F) von aktuell einer Verdoppelung alle 2 Jahre auf eine Verdoppelung alle 4 Jahre "beruhigt". Im Ergebnis dürfte das Carsharing dann bei ca. 60.000 Autos weltweit, in Deutschland bei 11.000 Fahrzeugen liegen.

Ob 2016 das Geschäft maßgeblich von den Konzernen wie DB/Daimler/Peugeot/Sixt/Hertz dominiert wird, wird sich zeigen. Wenn nicht, wäre auch dies nicht neu im deutschen Carsharing. Schon Avis, Volkswagen, Ericsson und Shell haben Ihre Carsharing-Ansätze wieder einschlafen lassen.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Hertz startet mit seinem Hauptstadt-Carsharing in Berlin und Madrid

Nach New York, London und Paris startete Hertz kurz vor Jahresende mit seinem Angebot ConnectbyHertz auch in Berlin und Madrid. Außerhalb den USA konzentriert sich Hertz damit auf die großen Hauptstädte Europas.


Bemerkenswert sind die Preisunterschiede, zentrale Preise mal herausgegriffen:

OrtJahresbeitragStundenpreis MiniTagespreis MiniFrei kmkm-Preis
New York (Einstiegstarif)50 US$10 US$70 US$180 Meilen pro Tag0,45 US$
London50 £3,95 £31,60 £30 Meilen pro Tag0,25 £
Paris120 €4 €32 €keine0,35 €
Berlin75 €4 €32 €20 km pro Fahrt0,17 €
Madrid65 €4,50 €36 €alle0 €


Die Preise von Hertz bilden durchaus die nationalen Unterschiede ab. Das Preisniveau ist in Deutschland relativ niedrig, vor allem bei den Kilometern. Im Gegensatz dazu spielen Freikilometer (oder -meilen) in den jungen Carsharing-Nationen wie USA, GB und Spanien eine wichtige Rolle, entsprechend gibt es sie auch bei Hertz.

Ebenso unterschiedlich sind die Fahrzeugklassen. Die kleinsten Autos gibt es in Deutschland, die "fettesten" in den USA. Was nicht wirklich überrascht, sondern ein weiterer Beleg dafür ist, dass Carsharing-Angebote doch immer national angepasst werden müssen.

Auch das Wachstum ist bemerkenswert. In den großen Metropolen startet Hertz meist mit etwa 20 Fahrzeugen. Nach einem Jahr ist die Anzahl der Fahrzeuge in New York, London und Paris unterschiedlich. In New York bietet Hertz aktuell 270 Fahrzeuge. Hertz ist also richtig in New York durch gestartet, aber ausschließlich in Manhattan. In London konnte sich Hertz mit nunmehr 120 Fahrzeugen auch passabel etablieren. In Paris sind es mit 70 Fahrzeugen spürbar weniger.

In Berlin und Madrid waren es in den ersten 2 Monaten konstant etwa 20 Fahrzeuge. Man darf gespannt sein, ob sie im Frühjahr durchstarten.

Eckdaten der Pariser Carsharing-"Revolution"

Die Ankündigung für Paris ein Carsharing auszuschreiben, dass mit dem äußerst erfolgreichen Velib-Angebotes vergleichbar ist, hat vor allem die Phantasien der großen Konzerne beflügelt.

Kurz zum Velib-Angebot: In Paris werden aktuell 20.000 Fahrräder an knapp 1.500 Stationen angeboten. In der ersten halben Stunde ist die Nutzung kostenlos. Die Rückgabe kann prinzipiell an jeder Station erfolgen. Jeder kann damit weitgehend kostenlos und flächendeckend in Paris mit dem Fahrrad unterwegs sein. Das ist wirklich eine Verkehrsrevolution. Das Angebot wird auch sehr gut angenommen: Ein Fahrrad ist durchschnittlich mehr als 10mal pro Tag unterwegs.

Und dies soll 2010/2011 auf das Carsharing übertragen werden. Die Größenordnung von 3.000 Fahrzeugen spricht vor allem die großen Konzerne an und hat die Vorstellungen der großen Konzerne beflügelt. Die Starts aller großen Konzerne in den letzten Jahren (Sixt, Hertz und Daimler/Car2go) stehen in relativ direktem Zusammenhang mit dieser Ausschreibung. Auch die Aktivitäten von Zipcar in Europa zielen auf die Ausschreibung in Paris.

Nun wurden die zentralen Kennzahlen bekannt gegeben: Es sollen 3.000 Elektro-Fahrzeuge an 1.000 Stationen angeboten werden. 300 Stationen sollen außerhalb des Stadtgebietes liegen. One way zwischen den Stationen soll möglich sein. Auch die Preise sind grob umrissen: Die Nutzung ist mit einer Monatspauschale von 15-20 EUR verbunden, die Nutzung selbst kostet 5 EUR pro halbe Stunde. Die Ausschreibungsfrist endet Februar 2010, Auswahl bis Ende 2010, Start des Angebotes September 2011.

Sollten diese Eckdaten so bestehen bleiben, ist fraglich, ob in Paris eine Carsharing-Revolution stattfindet. Vor allem das Preisniveau (was wegen der Elektro-Fahrzeugen aus finanziellen Gründen vermutlich absolut nötig ist) ist vor dem Hintergrund des heutigen Carsharing sehr hoch. Dass man in Paris 50 oder 100 Tausend Teilnehmer findet, die bereit sind jeden Monat 15 EUR und mehr zu zahlen, nur für das Recht die Fahrzeuge zu nutzen, ist ein positiv formuliert ambitioniertes Ziel. Auch die Nutzungskosten liegen mit 5 EUR (für Kontinental-Europa) sehr hoch. Die Preise könnten aus dem Projekt also auch ohne weiteres einen Flop machen.

Der Zwang Elektro-Fahrzeuge anzubieten, verengt den Anbieterkreis stark auf die Automobil-Hersteller. 3.000 Elektro-Fahrzeuge kann niemand 2011 am Markt "einfach" kaufen, da nur Vorserienmodelle verfügbar sein werden. Kurzum: Es wird immer ein Automobilhersteller (zentraler) Teil des Konsortiums sein. Außerdem vervielfachen die Elektrofahrzeuge die Investitionskosten. Während man mit konventionellen, umweltgerechten Fahrzeuge mit 25-30 Millionen auskommen könnte, braucht man so minimal 100, vermutlich aber 150 Millionen. Und dies als Risikokapital, wenn man die Preisvorgaben im Hinterkopf hat.

Obwohl die Carsharing-Branche aktuell weltweit etwa 20.000 Fahrzeuge bewegt, wird die Branche bei der Ausschreibung der 3.000 Fahrzeuge in Paris nicht wirklich eine Rolle spielen können. Vielleicht wird ja auch irgendjemand aus der Branche für ein paar Millionen gekauft, um das Know how an Bord zu haben.

Eine klassische Form von Industriepolitik, die u.U. das Carsharing gar nicht weiter bringt.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Car2go kündigt Start in Paris an

In dieser Woche wurde bekanntgegeben, dass der smart fortwo electric drive ab 2012 in Hambach produziert wird. Zu diesem Anlass hat der Vorstandsvorsitzende von Daimler, Dieter Zetsche, bekannt gegeben, dass Anfang 2010 car2go auch in Paris startet/starten kann. Der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» sagte Zetsche: "Wir können das dort auf die Beine stellen, mit ein paar tausend Fahrzeugen. Mitte 2010 ist das Konzept international marktfähig. Dann könnten wir es auch auf weitere Städte ausdehnen. "

Das klingt zunächst sehr verheißungsvoll und passt zum positiven Bild, dass das Projekt in Ulm schafft. Doch sind beide Sätze mit dem "können" bzw. "könnten" wesentlich relativiert. In Sachen Paris ist dies die Ansage an der geplanten Ausschreibung teilzunehmen, in dessen Rahmen es 4000 Elektro-Carsharing-Fahrzeuge in Paris geben soll.

Ein halbes Jahr nach "going public" von car2go kann man auch eine erste Bilanz ziehen. Zentraler Erfolg ist die Zahl der registrierten Teilnehmer von 13.000. Das sind fast 20% aller Führerscheinbesitzer Ulms. Das ist wirklich bemerkenswert und zeigt das äußerst große Interesse in Ulm. Auch die immer wieder veröffentlichte Zahl der Fahrten von 500-1000 Fahrten pro Tag ist bemerkenswert hoch und wurde schon im Mai/Juni erreicht.

Doch die Entwicklung über die Monate wirft die erste Frage auf: Die Zahl der Teilnehmer vervielfacht sich, doch die Zahl der Autos bleibt trotzdem stabil. Im Herbst wird sogar das Bedienungsgebiet ausgeweitet, trotzdem bleibt die Anzahl der Fahrzeuge stabil.

Auch die öffentlich sichtbare Auslastung der Fahrzeuge und öffentlich bekanntgegebene Anzahl der Fahrten nimmt über die Monate nicht spürbar zu. Hat sich die durchschnittliche Nutzung schon nach den ersten 6 Monaten halbiert?

Über die Verkehrs- und Umweltwirkungen gibt es keine Erkenntnisse, jedenfalls keine positiven. Ob One-way-Carsharing eine attraktive Ergänzung oder doch eher ein partieller Ersatz des Umweltverbundes ist, wird wohl car2go bzw. Daimler nicht beantworten (wollen).

Samstag, 25. Juli 2009

Car2go: Der neue, erfolgreiche Ersatz des Umweltverbundes?

Car2go feiert nach nicht mal 100 Tagen öffentlichem Pilotversuch den 10.000 Kunden. Das ist ein Achtungserfolg. Mit 10.000 registrierten Nutzern hat Car2go bezogen auf die Einwohnerzahl viel mehr Teilnehmer gewinnen können, als die erfolgreichsten Carsharing-Anbieter in 15 Jahren.

Doch muss man im Hinterkopf haben, dass Car2go erstmals großflächig die Carsharing-Teilnahme "verschenkt". Würde dies das klassische Carsharing auch machen, wären solche Teilnehmerzahlen nicht unrealistisch.

Nach 100 Tagen zeichnet sich ein wenig klarer raus, wie die Nutzung ist. Es finden zwischen 500 und 1000 Nutzungen statt. Die Nutzung dauert durchschnittlich 15 Minuten. Damit sind die Fahrzeuge etwa 1 Stunde pro Tag unterwegs. Die Anzahl der Fahrten stellt knapp 1% des ÖPNV-Volumens in Ulm dar. Bezogen auf den einzelnen Teilnehmer sind es bisher durchschnittlich unter 0,1 Wege pro Tag und Teilnehmer, Durchschnitt in Deutschland sind 3,3 Wege pro Tag. Ob die Durchschnitte ein passendes Bild liefern, kann man schwer sagen, da die Streuung unbekannt ist.

Wie die Süddeutsche schon im Mai provokativ "Adieu ÖPNV" titelte, wird häufig eine Bus-Fahrt oder Fußweg durch eine Car2go-Fahrt ersetzt. Die dritte häufige Nennung ist die Fahrt in die Stadt (auch statt des eigenen Autos). Vielleicht motivieren die kostenlosen Parkmöglichkeiten von Car2go in den Parkhäusern der Innenstadt den eigenen Wagen stehen zu lassen.

Es ist noch kein Thema, den eigenen Wagen abzuschaffen. Das wäre ja auch kaum in Sinn eines Automobil-Konzerns. Das Nicht-Abschaffen kann auch in dem Pilot-Charakter von Car2go begründet liegen. Denn noch weiß niemand, wie lange es Car2go in Ulm geben wird.

Auch wenn sich andeutet, dass Fahrten des Umweltverbundes ersetzt werden, ist die Frage welche? Ist es aktuell das Prozent der ÖPNV-Nutzungen, dass am unangenehmsten ohne Auto ist? Wenn dem so wäre, hätte Car2go doch eher eine ergänzende (als eine ersetzende) Funktion für den Umweltverbund.

Der bisherige Erfolg deutet aber auch an, dass Angebote wie Car2go u.U. wirtschaftlich sein können, denn bei 5 Fahrten pro Tag ist man nicht mehr Lichtjahre von der Kostendeckung entfernt, wobei dies nicht bedeutet, dass üblichen Renditeerwartungen von Konzernen erfüllt werden können.

Sonntag, 12. Juli 2009

Stabiles Wachstum im Carsharing - trotz oder wegen Wirtschaftskrise?

Die Wirtschaftskrise bestimmt weiterhin die Berichterstattung. In fast allen Branchen werden stabile Umsätze schon als Erfolg gefeiert. Das Carsharing freut sich nicht über stabile Umsatzzahlen, sondern kann sogar eine Fortsetzung des spürbaren Wachstum von 15% und mehr vermelden.

Die Stadtmobil-Gruppe erreicht in diesem Sommer 1000 Fahrzeuge, Köln 300 Fahrzeuge und auch die meisten anderen bauen Ihre Flotten spürbar aus. Auch wenn keine branchenweiten Zahlen vorliegen, so ist doch sehr deutlich, dass das Wachstum unvermindert anhält.

Carsharing-Wachstum in wirtschaftlichen Krisenzeiten ist auch oder gerade für die Nicht-Carsharing-Teilnehmer äußerst plausibel, denn in "solchen" Zeiten ist Carsharing ein attraktives Sparmodell.

Die Innenansicht ist nicht so eindeutig. Natürlich ist es in Krisenzeiten einfacher neue Teilnehmer zu gewinnen, aber 80% der Teilnehmer sind "Altkunden", die üblicherweise in Krisenzeiten den Umsatz spürbar verringern, was den Wachstumsimpuls der "Neuen" weitgehend kompensieren kann.

Entsprechend bedeutete eine Rezession in der Vergangenheit in der Summe auch für das Carsharing eine Verringerung des Wachstums. Dass dies diesmal nicht der Fall ist resultiert vermutlich aus zwei Faktoren. Zum einen geht die Wirtschaftskrise nicht vom privaten Konsum aus und zum anderen scheint das Carsharing in den letzten 2-3 Jahren eine Schwelle neuen Wachstums bzw. der Größe erreicht zu haben. Diverse Anzeichen (auch der Eintritt "großer" Akteure wie Daimler und Hertz) deuten daher darauf hin, dass das Carsharing vermutlich ohne Wirtschaftskrise eine Beschleunigung des Wachstum erreicht hätte.

So ist es "nur" ein stabiles Wachstum von 15-20%. Sicherlich kein Grund unzufrieden zu sein. Vielmehr zeigt es die Zukunftsfähigkeit und Stabilität des Geschäftsmodells.